Kurz nach fünf klingelt der Wecker. Bruno entfacht das Feuer im Herd, ich krieche aus dem Bett und trole in den Stall. Der Generator brummt, die Geissen glöckeln und wir melken, während draussen die Sonne aufgeht. Der rosa Himmel, die Ruhe der Berge und das z’Morge sind die Belohnungen fürs frühe Aufstehen.
Danach wird das Maultier Nuschka gesattelt. Sie trägt die 100 Liter Milch vom letzten Abend und dem heutigen Morgen bis zum Auto. Bruno fährt mit der Milch ins Dorf und bringt sie in die Käserei. Ich laufe mit Nuschka zurück zur Hütte und gönne mir ein Znüni - hier oben ist der Hunger gross. Danach miste ich den Stall aus, in dem die Geissen übernachtet haben, wasche das Melkgeschirr, schmiere den Käse (denn ab und zu käse ich), kontrolliere die 59 Rinder, füttere unsere 2 Alpschweine, schaue zu den drei kleinen Lämmern und koche. Fiora, die Hündin, ist bei allem an meiner Seite und meine beste Freundin hier oben.
Bruno, der Bauer, macht die Alp Mutteli schon seit etlichen Jahren und kennt jedes Blüemli. Nach dem er die Milch in der Käserei abgegeben hat, fährt er oft zu sich heim und arbeitet den Tag durch auf seinem Hof. Am Abend kommt er zurück auf die Alp, hilft mir beim Melken und schaut sich die kranken Tiere an, falls es welche gibt. Er weiss wann man die Rinder auf eine neue Weide lassen sollte und alles weitere was man wissen muss, damit der Alltag rund läuft. Gemeinsam zäunen wir das ganze Alpgebiet ein, damit die Tiere da bleiben wo wir sie haben möchten.
Das Leben hier oben in den prachtvollen Blumenwiesen ist sehr einfach. Es gibt kein fliessendes Wasser und die Hütte besteht aus einem Wohnraum und einem Keller. In dem einen Zimmer wird gekocht, geschlafen, gekäst, gelesen, Besuch empfangen... Bei schönem Wetter ist der Raum zum Verweilen natürlich viel grösser und ich werde ab und zu von Wander*innen besucht, die sich zu mir an den Tisch vor der Hütte setzen und mir ihre Abenteuer erzählen. Vor kurzem war eine Frau total begeistert von unserem Käse und dessen unmittelbarer Herstellung. Durch dieses Gespräch wurde mir erneut bewusst, was für ein schönes Produkt wir hier oben produzieren. Die Geissen knabbern den Tag durch auf den umliegenden Wiesen an Frauenmänteli, Hahnenfuss und Alpengräsern, wandeln diese in Milch um, und wir machen daraus Käse, den die Wander*innen direkt bei uns kaufen können. Total lokal :-)
In der Nacht funkelt der Sternenhimmel so hell und eindrücklich, dass ich gerne für ein schlaftrunkenes Pipi aus dem Bett krieche.
Der Alltag auf der Alp spielt sich vor allem draussen ab, ist analog, in Zusammenarbeit mit den Tieren und der Natur. Die Arbeit ist körperlich und repetitiv, die Tage sind lang, aber langweilig wird es mir nie. Für mich ist es momentan die schönste Alternative zum Stadt- und dem kollektiv-vier-Leben. Die Alpzeit lüftet meinen Kopf und erfüllt mein Herz. So dass ich im Herbst froh und munter den Weg zurück ins Unterland finde. Aufgetankt mit Sonne und Bergluft bin ich erneut bereit fürs kreative Denken und Arbeiten.
Johanna erzählt für kollektiv vier über ihre Auszeit auf der Alp
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